Die Wurzeln des Jiu Jitsu liegen in den alten Kampfkünsten, die ihren Weg von Indien über China nach Japan gefunden haben. Im Laufe der kriegerischen Geschichte Japans entwickelten sich Systeme,
die zur waffenlosen Selbstverteidigung genutzt wurden. Die Vorläufer des Jiu Jitsu waren Systeme wie das Koshi no mawari, Kumi uchi, Yawara, oder das Aiki bujutsu. All diese
waffenlosen Kampfkünste waren Bestandteil von ganzheitlichen Kriegskunstschulen ( Bujutsu ryu).
In diesen Bujutsu ryu, wie zum Beispiel dem Daito ryu Akijutsu des Takeda Klans, oder dem Tenshin Shoden Katori Shinto ryu, wurden Samurai an allen damals
gängigen Waffen und Kriegstaktiken unterrichtet. Dadurch ergibt sich, dass auch heute noch bestimmte Waffen im Jiu Jitsu verwendet werden. Bei Verlust der eigenen Waffe musste der Krieger
in der Lage sein, sich gegen alle möglichen Angriffe erfolgreich zu verteidigen, und auf dem Schlachtfeld auch waffenlos zu töten.
Eine dieser alten Bujutsu ryu ist das Takenouchi Ryu dass, 1532 begründet, als eine Quelle des Jiu Jitsu gilt.
Die Bezeichnung Jiu Jitsu als eigenständige Kunst tauchte erstmals im 17. Jahrhundert auf. Bekannt und populär wurde Jiu Jitsu auch durch das Wirken eines chinesischen Mönches namens Chen
Yuan Bin, in Japan Chen Genpin genannt. Er errichtete in Edo (Tokyo) eine Kampfkunstschule für Mönche und Samurai, in der er chinesische Kampftechniken unterrichtete. Drei seiner Schüler fassten
dieses Wissen mit ihren alten Stilen zusammen und gründeten die ersten Jiu Jitsu Schulen. Da in Japan nur bestimmten Schichten erlaubt war Waffen zu tragen war es für den Rest der Bevölkerung
notwendig sich ohne Waffen verteidigen zu können. Jiu Jitsu bot allen Schichten diese Möglichkeit.
Nach 1600 war die zeit der Kriege in Japan vorbei, und in der Friedlichen Edo Periode war es nicht mehr nötig, ständig für das Schlachtfeld trainiert zu sein. Aus Kriegern wurden Beamte. In
dieser Zeit begann die Blüte des Jiu Jitsu, in der man mehrere hundert Schulen zählte, bevor es während der Meiji Restauration fast in Vergessenheit geriet. Erst Anfang des 20sten
Jahrhunderts begann eine Rückbesinnung auf die alten Künste, und so kam Jiu Jitsu in dieser Zeit auch nach Deutschland. Jiu Jitsu ist weltweit unter den unterschiedlichsten Schreibweisen
verbreitet:
Jujutsu, Jiu Jutsu, Ju Jitsu, In Frankreich oft unter Tai Jitsu. Lediglich die Schreibweise Ju Jutsu bezeichnet (und das auch nur in Deutschland ) ein modernes
deutsches System. Erstaunlicher Weise gibt es im Heimatland Japan keine Kunst unter dem alleinigen Namen Jiu Jitsu. Hier wird es immer mit dem Zusatz des jeweiligen Stils
versehen.
Jiu Jitsu in Deutschland
Die Geschichte des Jiu Jitsu in Deutschland beginnt 1906, als japanische Kriegsschiffe in Kiel zu Besuch waren. Vor Kaiser Wilhelm II demonstrierten japanische Matrosen Jiu Jitsu. Der Kaiser war
so begeistert, dass er sofort japanische Lehrer einstellte. Einer der ersten deutschen Schüler war Erich Rahn, der, mit den neu erworbenen Kenntnissen, noch im gleichen Jahr in Berlin die erste
deutsche Jiu Jitsu Schule eröffnete. Im Laufe der nächsten Jahre kamen einige japanische Lehrer nach Europa und auch nach Deutschland, und die Entwicklung des Jiu Jitsu kam zügig voran. Jiu Jisu
wurde nicht zuletzt durch Vergleichskämpfe gegen Boxer und Ringer bekannt, und erlebte in den 1920er Jahren einen enormen Aufschwung.
Da Jiu Jitsu in dieser Zeit nur als einzelne Kunst, die Kunst der waffenlosen Selbstverteidigung, gelehrt wurde, etablierte sie sich unter diesem Namen nicht nur in Deutschland, sondern auch den
anderen europäischen Ländern und dem Rest der Welt. Im Laufe der Zeit entstanden, ähnlich den alten japanischen Schulen, verschiedene Schulen und später auch Verbände, in denen die Nichtjapaner
ihre Auffassung von Jiu Jitsu lehrten. Diese nichtjapanischen Jiu Jitsu Stile waren früher noch nicht so traditionsverpflichtet, wie sie es heute teilweise wieder sind, und werden von den
Japanern als Gaijinjutsu (Ausländer Kunst)bezeichnet.
Nach dem zweiten Weltkrieg ging es erst 1950 wieder mit Jiu Jitsu weiter, es wurde aber vom aufkommenden Judo verdrängt, das gerade seinen Boom erlebte. Bis heute haben sich aber viele Schulen
und Verbände gehalten, und durch ihre stetige Weiterentwicklung immer ihren Platz in der Kampfkunstwelt behauptet. Aktuell erlebt das Jiu Jitsu ein Comeback, da sich viele Menschen wieder an
Werten und Traditionen orientieren wollen und gleichzeitig mit Selbstverteidigung einen sinnvollen Sport betreiben möchten.
Jiu Jitsu bietet all das.
Kata im Jiu Jitsu
In der Jiu Jitsu Union gehören Kata immer schon zum Prüfungsprogramm. Es handelt sich hierbei um Kata des Kodokan, der Judoschule des Judo Begründers Jigoro Kano. Was viele nicht wissen: die
meisten der Kata existierten schon vor Kanos Judo und wurden von ihm übernommen. Kano hatte selbst jahrelang Jiu Jitsu studiert.
Aber warum üben wir Kata und warum sind sie immer noch Bestandteil der Danprüfung?
Kata bedeutet Form, also lernen wir eine Form, eine immer gleiche Bewegung. Sinn einer Kata ist grundsätzlich erst einmal das erlernen von Technik. Ohne störende Einflüsse von Außen, ganz auf die
Technik konzentriert kann man die meisten Kata allein trainieren und sich ständig verbessern. Im Karate und den Waffenkünsten existieren kaum Partnerformen. Diese gibt es überwiegend im Jiu Jitsu
bzw.Judo.
Der Inhalt einer Kata stellt zum einen Prinzipien eines Stils dar, sorgt zum anderen dafür, dass die Technik nicht in Vergessenheit gerät und unverwässert weitergereicht wird. Viele alte Schulen
verschlüsselten ihre Kata um Geheimnisse ihrer Kunst zu waren. Sie wurden oberflächlich gelehrt (omote) und nur wenigen auserwählten Schülern der tiefere Sinn (okuden) vermittelt. Auch heute noch
gehen, bei manchen Kata, die Meinungen über den echten Sinn in der Anwendung ( Bunkai) auseinander. Die Kata der JJU werden nach den Richtlinien des Kodokan unterrichtet und gelehrt, da sie so
weltweit verbreitet werden. Eine Kodokan Kata ist in Brasilien die gleiche wie in Italien, so kann man überall zusammen trainieren. Darüber hinaus kann man so weltweit in den Wettbewerb
treten.
Die in der JJU gelehrten Formen beschränken sich auf fünf Kata:
1. Kodokan goshinjutsu- Kata der Selbstverteidigung
2. Kime no Kata- Kata der Entscheidung, Selbstverteidigung
3. Ju no Kata- Kata der Nachgiebigkeit
4. Itsutsu no Kata- Kata der Naturgesetze
5. Koshiki no Kata- antike Kata der Selbstverteidigung ( wurde früher in Rüstung ausgeführt)
Diese fünf Kata vermitteln, teilweise schon über hunderte von Jahren, Techniken zur Selbstverteidigung, und machen durch ihr ständiges üben Prinzipien deutlich. In der Itsutsu no Kata, zum Beispiel, werden durch Techniken folgende Naturgesetze dargestellt:
Alle Elemente der Kata finden wir in den Bewegungen in unseren Techniken wieder. Die Genauigkeit der Bewegungen entscheiden in der Technik über Effektivität und Nutzten. So wie die Ju no Kata
unsere Geschmeidigkeit trainiert so können wir in der Kime no Kata Präzision und Kraft üben.( Kime – das Zusammenwirken körperlicher und geistiger Kraft in einer Handlung)
Der Trainierende kann sich im Detail der Technik und in seiner Bewegungsart immer wieder verbessern und neue wichtige Ansätze entdecken. Er verbessert sich in Darstellung und Ausdruck und
verfeinert die Etikette. Das weitergeben dieser Formen ist der Garant für den Bestand einer Kunst und seiner unverfälschten Inhalte. Mit Kata sollte man sich rechtzeitig befassen, da es nicht
einfach ist eine Kata neu zu erlernen. Hat man sie erlernt, sollte man durch ständiges üben am Ball bleiben und so, nicht nur für sich selbst, sondern auch für Schüler die nachfolgen, das Lernen
und Üben zu vereinfachen. Über die Weiterentwicklung und Modernisierung, über das Anpassen an die modernen Gegebenheiten, darf man nicht außer Acht lassen:
Um neue Wege zu gehen muss man das Alte verstanden haben.